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Beitrag vom 14.10.2012
Beth Orton - Sugaring Season
Lisa Erdmann
Die Tage werden kürzer, die Luft kühler und die Blätter bunt – Der Herbst ist da und klang selten so rund und voll, wie auf dem aktuellen Longplayer der Britin Beth Orton. Bisher bekannt für...
... ihren Folk-Tronica-Sound, setzt die Songwriterin nun mehr denn je auf die Emotionalität ihrer Stimme, welche die Hörerin mal fröhlich, mal melancholisch durch die Jahreszeit trägt.
Die heute 42-jährige Elizabeth Caroline Orton kam im beschaulichen Dereham, Norfolk, im Osten Englands zur Welt. Es muss ein ungeschriebenes Gesetz sein, dass Frauen, die schon als Kinder von rauer Seeluft umströmt wurden, später die besten Geschichtenerzählerinnen sind.
Ihre ersten musikalischen Schritte ging Orton zusammen mit Musiker und Produzent William Orbit. Nach der gemeinsamen LP "SuperPinkyMandy" veröffentlichte die Britin in 1996 ihr Debutalbum "Trailer Park". Für ihr in 2000 veröffentlichtes, electro-folkiges zweites Werk "Central Reservation" wurde sie mit dem Brit Award in der Kategorie "Best Female Artist" ausgezeichnet. Auch die beiden darauf folgenden Alben "Daybreaker" (2002) und "Comfort of Strangers" (2006) lassen sich in das Folk-Tronica-Genre einordnen.
Dass die musikalischen Erzählungen dieser Songwriterin oft in die Melancholie übergehen, mag wohl an den zwei großen Schicksalsschlägen ihrer Jugend liegen: als Beth Orton elf Jahre alt war, starb ihr Vater, mit achtzehn verlor sie ihre Mutter. In 2002 erzählte sie in einem Interview: "Ich glaube, meine ersten Alben waren ganz nachhaltig vom Tod meiner Mutter geprägt. Es hat mehr als zehn Jahre gedauert, um über den Verlust hinwegzukommen."
Nach sechs Jahren der musikalischen Schaffenspause - in der Orton zwei Kinder bekam und manches Mal kurz davor war, ihre Musikkarriere an den Nagel zu hängen - kehrt sie nun mit einem Album zurück, das mit zehn unaufgeregten und doch gedankenvollen Erzählungen aufwartet. "A lot of the writing on this record happened in the dead of night, when spiders mend their webs, with an infant asleep in the next room... as a result, my writing became a secret again: illicit and my own."
Ihre musikalische Vergangenheit, in der Beth Orton vor allem im TripHop- und Ambient-Genre zu Hause war und mit Künstlern wie William Orbit und den Chemical Brothers kollaborierte, ist auf "Sugaring Season" nur selten zu hören. Der Opener "Magpie" baut zwar mit treibendem Bass und Schlagzeug eine schmale Brücke zwischen den letzten Jahren und dem Heute, generell bietet das Album jedoch größtenteils bedachte, melodische und vom Gesang getragene Titel in folkiger SongwriterInnen-Manier. Hörbar wird dies besonders bei dem von Piano, Drums und Bass getragenen "Something More Beautiful". Orton zeigt hier ganz ehrlich und schnörkellos, dass sie längst nicht mehr das kleine TripHop-Mädchen, sondern eine erwachsene Songwriterin ist. Auch der Folksong "Call Me The Breeze" geht dank Gitarre und zarten Lyrics sofort ins Ohr.
Albumhighlight bildet schließlich das somnambule William Blake Gedicht "Poison Tree", welches Orton als Duett mit Folk-Sänger Sam Amidon vertont. Zarte Streicher und der Bass von Sebastian Steinberg lassen die Hörerin an KünstlerInnen wie Feist, Linda Thompson oder Nick Cave denken. Die wohl poetischsten Lyrics liefert schließlich das orchestral angehauchte "Last Leaves Of Autumn" in welchem die Musikerin mit den Zeilen "I`m hanging on like the last leaves of autumn / But I`m coming through like the first shoots of spring / I`m standing outside of space of time / And I`m healing / Believing" die Worte findet, nach denen frau immer gesucht hat.
AVIVA-Tipp: Dieser Longplayer macht den Herbst zu einer zuckersüßen Jahreszeit. Vor allem wenn es draußen mal wieder regnet oder stürmt, ist dieses Album die beste Klangkost für einen besinnlichen Nachmittag auf der Couch.
Beth Orton
Sugaring Season
Label: ANTI / Indigo, VÖ: September 2012
Beth Orton im Netz: www.beth-orton.net
Weiterhören auf AVIVA-Berlin:
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